Corona-Update

Von Generation WOW17.07.2020

In ihrer neuen Kolumne gibt uns Autorin Angi Brinkmann, 53, ein ganz persönliches Corona-Update. Zwar versteht sie, dass vielen gerade nicht nach Tanzen zumute ist. Aber etwas mehr Höflichkeit könnten wir trotzdem an den Tag legen, oder?

Shoppen, sind wir ehrlich, macht  in diesen Zeiten nicht wirklich Spaß. Dabei würde ich es dem Einzelhandel so wünschen, dass wenigstens wieder leise die Kassen klingeln. Gerade den kleinen Läden, in denen richtig Herzblut hängt. Ich habe den Selbst-Test gemacht und ging geradezu euphorisch nach einer Tunika gucken. Kann man ja auch im Garten tragen, dachte ich, und freute mich auf Abwechslung. Das Erste, was du siehst, ist allerdings das Warnschild mit Maske und daneben den Desinfektionsspender. Leer, wie fast überall. Und im gleichen Augenblick tönt es mir entgegen: „Nehmen Sie sich einen Korb, wir zählen die Kunden.“

Ist ja gut, ich habe Verständnis für den Stress, den diese komplizierten Hygieneregeln machen. Aber wenn hier irgendwo etwas bereinigt werden muss, dann zuerst mal der Ton der Verkäuferin. Klar hat sie jetzt Sorgen. Wer nicht? Aber man kann trotzdem höflich sein. Dem Umsatz wäre es sicher dienlich. Weiter geht’s mit meinem persönlichen Corona-Update: Kurz darauf wage ich mit dem Gatten den Restaurant-Versuch. Ist allerdings auch nicht schön, wie im OP-Saal maskiert zum Tisch geführt zu werden. Dann haste bestellt und möchtest noch eben die Händchen waschen – kaum bist du aufgestanden, schallt es: „Auch zum Klo nur mit Maske!“ Ach, wie schön, das wollten die Herrschaften an den Nachbartischen bestimmt alle gerade wissen. Also eine damenhafte Ansprache geht anders!

Corona-Update in Sachen Höflichkeit

Oder im Straßenverkehr. Als hätte das Virus auch hier einen Aggressions-Keim gelegt… Nach dem Einparken geht mich eine Dame im Wagen hinter mir sitzend an. Einen Burger in der Hand nuschelt sie: „Geht’s noch enger? Wie soll ich denn hier rauskommen?“ Entschuldigung, ich kann  nicht anders und säusle: „Die 30 Zentimeter vorn werden doch wohl genügen.“ Sie glauben es nicht, da schreit sie mich an: „Du Fo…!“ Und spuckt wütend ihre Gurkenstückchen durchs halb offene Fenster. Ja, geht’s noch? Wie pfui ist das denn? Es ist doch wirklich keinem geholfen, wenn wir uns jetzt – inmitten dieser für uns alle ärgerlichen Beschränkungen – auch noch gegenseitig die Luft abschneiden. 

Wir haben doch hinter diesen Masken schon genug Mühe zu atmen. Und wie erholsam wäre es, einmal wieder tief durchatmen zu können. Aber das dauert wohl noch. Ehe kein Impfstoff gefunden ist, gilt es, achtsam zu sein. Das bedeutet aber nicht, den anderen als Störenfried in unserem Zwei-Meter-Abstands-Radius zu definieren. Oder gar als Feind, oder, schlimmer noch, als vermeintlichen Sargnagel. Wir sitzen alle im selben Boot. Das ist allerdings nicht die Arche Noah, und wir sind nicht Auserlesene unserer Rasse, sondern eigentlich sind wir alle Flüchtlinge – vor Corona.

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